The Boys 1: Spielverderber

Dreckige Superhelden

Stellen Sie sich einen Superhelden-Kosmos vor. Meinetwegen das Marvel-Universum. Einen Superhelden-Kosmos, in dem es Sex und Drogen und Gewalt gibt. Explizite Gewalt, bei der Blut spritzt. Gewalt, infolge derer gestorben wird – auch auf Superheldenseite. Stellen Sie sich einen darum gewobenen Plot vor, der einen hochgradig zynischen Unterton aufweist und mit gesellschaftskritischen Versatzstücken spielt, ohne mit seiner Kritik wirklich tief zu dringen.

 

Einen Plot, der sich in seiner scheinbaren Unkonventionalität grafisch nicht in konventionellerem Rahmen bewegen könnte. Einen Plot, der trotz seinem progressiven Gestus die engen Laufbahnen der Superhelden-Kosmos-Erzählmöglichkeiten keine einzige Sekunde lang verlässt. Und schon haben Sie Garth Ennis’ («Preacher») neuesten Streich: «Bad Boys» (Panini, zirka 27 Franken). Blutig, trashig und gleichzeitig doch irgendwie intelligent und unterhaltsam. Warum? «Je ne sais quoi.» (scd)

John Difool: Der Incal

Hochglanz-Anarcho-Psychoten

Re-Issues: Für die einen sind sie ein rotes Tuch, für die anderen stellen Wiederveröffentlichungen oftmals die einzige Möglichkeit dar, um endlich an längst vergriffene Ausgaben heranzukommen. Wie auch immer: Die Neuauflage von Jodorowskys und Moebius’ SciFi-Saga «John Difool» (Ehapa, zirka 115 Franken) dürfte in dieser Diskussion nicht gerade konsensbildend sein. Das 296 Seiten starke Werk vereint alle sechs Anfang der 80er zum ersten Mal aufgelegten und inzwischen nicht mehr regulär erhältlichen Einzelbände um den zynisch veranlagten «Privatdetektiv Klasse R» sowie die achtseitige, später entstandene, nicht unbedingt essenzielle Geschichte «Origine de solune» in einem hochwertigen Hardcover-Band.

 

So weit, so gut. Die Krux an der Sache: Das Werk wurde einer Frischzellenkur unterzogen und komplett neu koloriert – ganz im Stile moderner Dutzendware-Action-Comics. Da freut man sich um so mehr auf die von Cross Cult angekündigten Moebius-Bände «Arzach» und «Die luftdichte Garage» aus den 70ern – im originalen Gewand. Übrigens: Zwischen 1988 und 1996 führte Jodorowsky die Geschichte um den Incal fort und erzählte gemeinsam mit dem (leider) neuen Zeichner Zoran Janjetov in sechs Bänden die Vorgeschichte von John Difool – die ebenfalls in gleicher Ausstattung als Sammelband erscheinen wird. Wem’s gefällt… (scd)

Yoko Tsuno Sammelband 1: Die deutschen Abenteuer

Abenteuer aus der Retro-Schublade

«Yoko Tsuno» gehört neben «Prinz Eisenherz» oder «Blake und Mortimer» zu den Klassikern des Abenteuercomics und zu den Eckpfeilern des Carlsen-Comics-Katalogs. Mit dem Sammelband «Die deutschen Abenteuer» (Carlsen, zirka 50 Franken), der die Ausflüge der japanischen Elektronik-Spezialistin nach Rotenburg ob der Tauber, auf die Burg Eltz und an den Rhein vereint, werden die nicht mehr lieferbaren Alben 2, 7 und 14 wieder zugänglich.

 

Darüber hinaus bietet der 176-seitige Hardcover-Band umfangreiches Zusatzmaterial zu den jeweiligen Geschichten. Zusammen mit dem griffigen und wohlduftenden (!) Papier und dem angenehmen Retro-Effekt, der sich bei der Lektüre der unblutigen, bedenkenlos für Kinder geeigneten und dabei doch spannenden Storys gezwungenermassen einstellt, fällt der Gesamteindruck durchgängig positiv aus. Auf den Juni 2008 ist ein weiterer Sammelband mit dem vorläufigen Titel «Von der Erde nach Vinea» geplant. (scd)

Splitter

Weiterhin in den Comic-Regalen

Matty Roth berichtet aus der DMZ, der «demilitarisierten Zone» im Herzen von New York, wo der zweite amerikanische Bürgerkrieg zum Stillstand kam. Er ist ein unfreiwillig Gestrandeter in diesem bizarren Kriegsgebiet, in dem der Kampf ums Überleben die unterschiedlichsten Formen annimmt. (Brian Wood/Riccardo Burchielli: «DMZ 2: Zwischen den Fronten», Panini, zirka 30 Franken).

Der Ex-Superheld und amtierende Bürgermeister von New York, Mitchell Hundred, bekommt es mit ganz neuen Problemen zu tun. Er muss sich nämlich einer Aufgabe stellen, der sich jeder Amerikaner am liebsten entzieht: Er wird zum Geschworenen bestellt. (Brian K. Vaughan/Tony Harris: «Ex Machina 3: Fakt vs. Fiktion», Panini, zirka 23 Franken).

Die siebenteilige Miniserie, die erst vor wenigen Monaten das DC-Universum – analog zum «Civil War»-Zyklus im Marvel-Kosmos – gemäss Pressetext «bis in seine Grundfesten erschütterte und veränderte», erscheint nun in gesammelter Form. OMACs laufen Amok, die Magie erstirbt, Schurken vereinen sich und im All tobt ein Krieg, der alle Grenzen sprengt. Fast vergessene Helden alter Tage kommen zurück, um alles wieder zu richten – auf ihre Art, und um jeden Preis. (Geoff Johns/Phil Jimenez u.a.: «Infinite Crisis», Panini, zirka 34 Franken).

Gregory sollte sich freuen: eine Familie will ihn adoptieren. Aber was ist schon die beschauliche Freude in einer ruhigen, kleinen Klappsmühlenzelle gegen den alltäglichen Familienwahnsinn? Vor allem wenn die Familie, selbst aus der Sicht eines Irren, weit jenseits des Normalen steht? (Marc Hempel: «Gregory 2: Obenei!» Cross Cult, zirka 35 Franken). (scd)

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