Wolverine: Old Man Logan

Krallenmann auf friedlichen Pfaden?

50 Jahre ist es her, seit Wolverine seine Adamantium-Krallen zum letzten Mal ausgefahren hat, um seinen Gegnern einen schnellen Tod zu bereiten. Er, der seither nur noch Logan genannt werden will, ist einer der wenigen, die das grosse Inferno in einer armageddon-ähnlichen Schlacht zwischen Gut und Böse überlebt haben. Sich gänzlich dem Pazifismus verschrieben habend, hat der inzwischen – Selbstheilung hin oder her – merklich Gealterte an der Westküste eine Familie gegründet und lebt hier ein entbehrungsreiches Farmerdasein unter Normalsterblichen. Doch als er der Hulk-Sippe, die mit eiserner Hand über dieses Territorium herrscht, die geforderte Pacht nicht bezahlen kann und deshalb mit schlimmen Sanktionen für seine Angehörigen rechnen muss, kommt die Wende. Der nachdenkliche Koloss willigt nach einigem Hadern ein, dem blinden Bogenschützen Hawkeye dabei zu helfen, eine mysteriöse Fracht gegen eine angemessene Entlöhnung quer durchs von Superschurken unterjochte Amerika zu transportieren. Ehrensache, dass das ungleiche Paar bei dieser düsteren Odyssee von einem verrückten Abenteuer ins nächste schlittert. Wird es Logan gelingen, seinem Gelübde der unbedingten Gewaltlosigkeit treu zu bleiben – und was steckt eigentlich hinter diesem (für ihn) untypischen Credo?

 

Mark Millar («Wanted») scheint es nach «Civil War» und «Marvel 1985» geradezu darauf angelegt zu haben, das Marvel-Universum mit jeder seiner jüngsten Kreationen gehörig durchzuschütteln. Mit «Old Man Logan» (Marvel Exklusiv 84, Panini, zirka 33 Franken) ist dem 40-jährigen Schotten diesbezüglich ein Opus Magnum gelungen. Mehr lässt sich aus einem Superhelden-Postapokalypse-Stoff an Kompromisslosigkeit kaum herausholen – dies bei einem actionbetont-rasanten und gleichzeitig wendungsreich und höchst intelligent aufgemachten Plot, der keine einzige Länge aufweist. Die Krone setzt dem Ganzen das durch und durch superbe Artwork von Steve McNiven («Civil War») auf – nie sah «konventioneller» Superhelden-Stil besser aus. Ein vor kreativen Ideen überbordendes, (natürlich letztlich) ultrabrutales Meisterwerk mit einem wahrlich unüberbietbaren Finale. (scd)

 

Leseprobe »

Carthago 1: Die Lagune auf Fortuna

Den Weissen Hai verspeist er zum Nachtisch

Eine Gruppe von Arbeitern einer Ölförderstation im Südpazifik staunt nicht schlecht, als sie bei Bohrungen auf eine gigantische Unterwasserhöhle stösst, die prähistorisches Leben zu beheimaten scheint. Doch ehe die Froschmänner realisieren, was genau mit ihnen geschieht, sind sie bereits von einer gigantischen Bestie verschlungen worden. Wie Nachforschungen zeigen, hat es sich dabei um einen über 20 Meter langen Megalodon gehandelt – einen Vorfahren des Weissen Hais, der die Urmeere beherrschte und dessen Art im Tongagraben bis auf den heutigen Tag unter den speziellen Bedingungen über die Jahrmillionen überlebt zu haben scheint. Ein wissenschaftliche Sensation, die der Carthago-Konzern tunlichst geheim halten möchte, würden mit dem Publikwerden die Förderrechte und damit jährliche Einnahmen von 3,2 Trillionen US-Dollar garantiert zunichte gemacht. Doch Carthago ist nicht der einzige Player in diesem Vabanque-Spiel, in dem Forscher, Tieraktivisten und ein milliardenschwerer Sammler mitmischen. Doch im Grunde gäbe es weitaus grössere Probleme als die Hegemoniekämpfe: Denn mit dem Durchbrechen der Gesteinsschicht zur Höhle scheint das ökologische System der Erde empfindlich gestört worden zu sein und der Erfüllung einer uralten Prophezeiung nichts mehr im Wege zu stehen...

 

Christophe Bec (unlängst bereits mit «Prometheus» positiv aufgefallen) liefert mit dem ersten Band von «Carthago» (Splitter, zirka 25 Franken) die perfekte Ausgangslage für einen vorzüglichen Wissenschaftsthriller ab, der aus dem üblichen Hai-Erzählschema (hinlänglich bekannt aus der «Jaws»-Reihe und Nachahmern «Deep Blue Sea» etc.) ausbricht und den nicht nur Schätzing-Anhänger («Der Schwarm») geradezu verschlingen dürften. Das Artwork von Eric Henninot kann zwar als recht gewöhnlich beschrieben werden, zur Visualisierung des durchdachten Plots ist dieses jedoch in jeder Hinsicht optimal. Das Werk überzeugt vor allem durch die verschiedenen, letztlich untrennbar miteinander verflochtenen Erzählstränge, in denen die miteinander konfligierenden Sichtweisen und Begehrlichkeiten der verschiedenen Parteien zum Ausdruck kommen. Sofern das Fantastik-Niveau von «Prometheus» nicht erreicht wird, deutet diese Auslegeordnung auf einen grandiose Weiterführung und ein bahnbrechendes Finale dieses auf sechs Bände angelegten Werk hin. (scd)

 

Infos und Leseprobe »

Solomon Kane 1: Schloss des Teufels

Nur wer frei ist von Sünde...

16. Jahrhundert: Im Schwarzwald geht eine dunkle Gestalt um. Ein einsamer, selbsternannter Rächer. Solomon Kane heisst der Unerbitterliche – und es dauert auch nicht lange, bis der aufrechte Vigilant Unrecht entdeckt, das gesühnt werden muss. Auf der Burg von Baron Slater scheint ein alter Fluch zu lasten. Doch wer steckt hinter den grausamen Morden an Knaben aus der einfachen Bevölkerung der Umgebung? Und was führt die freizügig mit ihren Reizen umgehende Baronin – den standhaften Puritaner Kane vermag sie damit jedoch nicht um den Finger zu wickeln – im Schilde? Wer ist Täter und wer ist Opfer in diesem dämonischen Spiel?

 

Basierend auf einer der «Kane»-Geschichten aus der Feder des «Conan»-Autors Robert E. Howard (1906 bis 1936) ist Scott Allie und Mario Guevara mit «Schloss des Teufels» (Panini, zirka, 29 Franken) ein Serienauftakt gelungen, der durchaus aufhorchen lässt. Positiv sticht zunächst das für das Genre eher unorthodoxe, skizzenartige Artwork mit seiner differenzierten Matt-Farbgebung von Dave Stewart heraus. Freude bereitet auch die Figur des Solomon Kane – ein unnahbarer Gerechtigkeitsfanatiker, wie er im Buche steht, ein wortkarg-eloquenter Racheengel, der nur zu gerne über Leichen geht, um seine (un-)heilige Mission zu erfüllen. Ob indes das Abdriften ins Fantastische im letzten Drittel gefällt, muss jeder für sich selber entscheiden. («Solomon Kane» wurde übrigens unlängst vom englischen Horror-Regisseur Michael J. Bassett effektvoll verfilmt.) (scd)

 

 Leseprobe »

Marvel Noir 1: Spider-Man

Netzschwinger zur Zeit der Prohibition

Der Glanz der goldenen Zwanzigerjahre ist in Amerika am so genannten «Schwarzen Donnerstag» jäh beendet worden – es folgen die Jahre der «Grossen Depression». Die schweren wirtschaftlichen Zeiten, die Verbrechersyndikate wie Pilze aus dem Boden schiessen lässt, bekommt auch der in New York City beheimatete junge Peter Parker im Jahr 1933 mit aller Härte zu spüren. Dieser wächst nach dem Tod seiner Eltern bei seiner Tante May, einer couragierten Rednerin gegen das soziale Unrecht, auf – sein ebenfalls aufrührerischer Onkel Ben ist mutmasslich von der Gang des Verbrecherbosses Norman Osborn ermordet worden. Parkers Leben ändert er sich schlagartig, als dieser seinem künftigen Mentor Ben Urich begegnet, ein investigativer Journalist, der den lernwilligen jungen Mann unter seine Fittiche nimmt. Als der angehende Reporter dann auch noch unvermittelt von einer mysteriösen Spinne gebissen wird und sich sein Körper zu wandeln beginnt, ist der Kampf gegen den grünen Kobold und dessen skrupellose Getreuen wie etwa den Geier oder Kraven lanciert.

 

Der Auftaktband «Spider-Man» (Panini, zirka 26 Franken) der neuen Serie «Marvel Noir» darf unbestritten als überaus geglückt betrachtet werden. Das Autorenteam David Hine und Fabrice Sapolsky hat einen Parallelkosmos geschaffen, der nicht einfach Abklatsch, blosses Supplement ist, sondern eigene Qualität und Originalität aufweist und mit seiner nonlinearen Erzählweise und überraschenden Wendungen vollumfänglich zu überzeugen vermag. (Diesbezüglich ganz schön mutig auch der Schritt, Spider-Man ein dem zeitlichen Setting angepasstes, gänzlich neues Kostüm zu verpassen.) Massgelblich zum guten Eindruck trägt auch das düstere, sehr stimmungsvolle Artwork von Zeichner/Kolorist Carmine di Giandomenico bei. (Als zweiter Band der Reihe bereits erschienen ist «X-Men» – Besprechung folgt –, angekündigt sind ausserdem «Wolverine» und «Daredevil».) (scd)

 

Leseprobe »

Kirihito 2

Wahrheit im Spiegel der Macht

Beim Versuch, den Grund der mysteriösen Krankheit Monmo zu ergründen, hat sich Kirihito Osanai selber infiziert und ist zu einem hundeähnlichen Wesen mutiert. Nun gerät der junge Arzt in der Fremde von einer Gefangenschaft in die nächste, derweil sein früherer Arbeitskollege Urabe verzweifelt versucht – eine höchst ambivalente Figur –, ein Gegenmittel zu finden. Mit seiner Theorie, dass es sich bei der Monmo um gar keine übertragbare Krankheit handelt, sondern die Ursache in Ablagerungen von speziellen Quellwasser zu finden ist, kämpft er jedoch bei Professor Tatsugura, der mit all seiner Macht die entgegengesetzte These verteidigt, gegen Windmühlen an.

 

Der zweite Band (von drei) von «Kirihito» von Osamu Tezuka (Carlsen, zirka 31 Franken) steht dem Auftakt in nichts nach. Den Leser erwartet ein intelligent aufgemachter Medical Thriller, der am Beispiel einer krank gewordenen Nonne auch die Frage in den Raum stellt, wie viel Menschenwürde zugunsten der Wissenschaft geopfert werden darf. Aufgezeigt werden auch der direkte Zusammenhang zwischen Wahrheit und Macht sowie die Auswirkung der Devise, demnach die menschliche Spezies höher einzuordnen sei als das Tierreich. Dies wohlgemerkt alles verpackt in einer ungemein spannende Rahmenhandlung um den selber erkrankten Osanai, dem im wahrsten Sinne des Wortes die Zeit davonläuft. «Kirihito 3» ist auf Ende Mai angekündigt. (scd)

 

Ausführliche Besprechung des ersten Bandes »

Marvel Zombies Collection 1

Metzeln bis Galactus kommt

Spider-Man: Eine wandelnde Leiche, ein Zombie mit dem unstillbaren Hunger nach Menschenfleisch. Und der einst so strahlenden Ikone Colonel America hängt die Haut in Fetzen vom verwesenden Leib, derweil die Gehirnmasse des Patrioten aus dem mit dem eigenen Schild durchbrochenen Schädel schlabbert. Vor laut Gier beginnt der vor Heisshunger getriebene Banner sein eigenes Gedärm zu verzehren, um nicht zum Hulk zu werden. Und Giant Man hortet irgendwo in einem Keller noch einen der letzten gesunden Überlebenden – Black Panther –, den er quasi als Notvorrat Stück für Stück ausweidet. Die ganze irdische Population ist der Schar der Superhelden-Untoten bereits zum Opfer gefallen. Bleibt letztlich nur noch die Expansion in andere Welten...

 

Soweit ein Einblick in das vor Todessehnsucht nur so strotzende Szenario des auch einzeln erhältlichen Bandes «Marvel Zombies», dem Opener zu drei weiteren Fortsetzungsserien – nun alle vereint in der 400 Seiten starken «Marvel Zombies Collection 1» (Panini, zirka 49 Franken).  So infantil der ganze Splatter-Trip Aussenstehenden rational betrachtet auch anmuten mag – es dürfte ausser Frage stehen, dass die Lektüre Romero-Geeichten geradezu unendlich viel Spass bereiten dürfte. Vor allem die Szene, in der es die vor sich hin modernde Meute es dem gigantischen Weltenverschlinger Galactus – nachdem dessen Herold, der Silver Surfer, bereits in seine Einzelteile zerlegt wurde –, so richtig zeigt, wird bei einer allfälligen Verfilmung gewiss für Standing Ovations sorgen. Nach der Lektüre der ebenfalls im Sammelband enthaltenen Miniserien «Dead Days», «Army of Darkness» und «Marvel Zombies 2» zeigt sich (wie auch schon beim als Einzelband erhältlichen «Marvel Zombies 3»), dass der zuerst 2006 erschienene Auftakt von Robert Kirkman («The Walking Dead») und Sean Philips («Criminal») nach wie vor am meisten zu überzeugen weiss – in formaler wie auch in inhaltlicher Hinsicht und vor allem auch, was den Bekanntheitsgrad der auftretenden Figuren anbelangt. Genre-Anhänger können jedoch trotzdem bedenkenlos zugreifen – ein morbides Vergnügen! (In den USA steht übrigens bald «Marvel Zombies 6» in den Startpflöcken.) (scd)

 

Leseprobe zu «Marvel Zombies» »

Storm 11: Im Labyrinth des Todes

Marduk lässt die Puppen tanzen

Wir erinnern uns (siehe Band 10): Storm ist immer noch auf der Suche nach seiner Gefährtin Rothaar, mit der zusammen es ihn jäh in eine andere Zeitdimension, nämlich ins Pandarve-Universum, verschlagen hat. Doch zuerst muss der muskelbepackte Hüne mit dem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit seine Haut und die seines rothäutigen Freundes Nomad retten. Ausserdem ist ihm der als unbarmherziger Gott regierende Herrscher Marduk dicht auf den Fersen...

 

1982 zum ersten Mal erschienen, wurde mit dem elften «Storm»-Band «Im Labyrinth des Todes» (Splitter, zirka 29 Franken) von Don Lawrence und Martin Lodewijk ein ganz neuer Weg eingeschlagen: Während die ersten neun Bände der «Chroniken der tiefen Welt» unabhängig voneinander gelesen werden können und sich keine Weiterentwicklung der Charaktere feststellen lässt, wird nun mit dem Beginn des Pandarve-Zyklus zum ersten Mal eine einzelne Geschichte über mehrere Bände vorangetrieben. Ein weitere Neuerung ergab sich aus dem Umstand, dass Jaap Bubenic, der neue Chefredaktor des holländischen Comicmagazins «Eppo», dem Team viel mehr Zeit für die Produktion liess: So sollte der Abdruck als Fortsetzungscomic in «Eppo» erst dann beginnen, sobald jeweils ein komplettes Album fertiggestellt war. Auch wenn von Lodewijk nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen, bekam Lawrence auf diese Weise doch mehr Möglichkeiten, andere Projekte ins Auge zu fassen und ausserdem endlich seinen schon länger geplanten Umzug in die Tat umzusetzen. Ausserdem begann sich der Zeichner immer mehr davon zu emanzipieren, sklavisch die Vorlage des Texters umzusetzen. Um die sechsmonatige Pause in «Eppo» zu überbrücken, wurde die nicht wirklich befriedigende Quasi-Nullnummer «Kommandant Grek» ins Rennen geschickt. (scd)

 

Infos und Leseprobe »

Jonah Hex 1: Zeit zu sterben

Kopfgeldjäger mit Moral

Eine von Weissen begangene Vergewaltigung, die Indianern angelastet werden soll. Ein Junge, der entführt wird, um ein gefährliches Dasein als Hundekämpfer zu fristen. Ein grosses Kreuz aus purem Gold, das mit Waffengewalt aus einer Kirche geraubt wird, ein blutige Spur hinterlassend: Überall, wo im Wilden Westen Unrecht herrscht, ist ein strahlender Ritter zur Stelle, um für Vergeltung zu sorgen: Jonah Hex. Seines Äusseren wegen – ein herausgerissenes Stück Fleisch lässt sein Konterfei zu einer hässlichen Fratze werden – ist mancher zunächst geneigt, den ehemaligen Südstaaten-Soldat eher zu den Bösen zu zählen. Doch der Eindruck täuscht: Hex – mit seinen Methoden und seiner Unverfrorenheit irgendwie an den Heiligen der Killer aus «Preacher» erinnernd – ist zwar eine Killermaschine, doch seine abscheulichen Taten ganz im Sinne des biblischen Sprichworts «Auge um Auge» scheinen angesichts seiner moralischen Gesinnung legitim.

 

Justin Gray und Jimmy Palmiotti ist mit Jonah Hex, der in «Zeit zu sterben» (Panini, zirka 29 Franken) seinen Albumeinstand gibt, eine der deftigsten Westernfiguren gelungen, die das Genre je hervorgebracht hat. In kurzen Episoden macht Hex seinem Ruf als gnadenlose Ein-Mann-Armada alle Ehre. Der selbsternannte Vigilant lässt seine Widersacher dabei nicht nur tüchtig Blei schlucken, sondern schreckt auch nicht davor zurück, diese etwa bei lebendigem Leib ausgehungerten Bluthunden zum Frass vorzuwerfen. Ob das Ganze pädagogisch wertvoll ist, darf bestritten werden. Auf jeden Fall sicher ist, dass «Jonah Hex» formal durch die plastische Grafik von Luke Ross punkten kann. Wie stark das Gesamturteil eines Comics von der Grafik abhängt, macht diesbezüglich ein Einschub des nicht halb so begabten Zweitzeichners Tony DeZuniga – geschrieben vom selben Autorenteam wie die übrigens Storys – klar. Ein Manko des Bandes stellt der Umstand dar, dass man nichts, aber auch gar nichts über Hex’ Vergangenheit erfährt respektive wie er zu seiner schrecklichen Narbe gekommen ist. Aber diese Geschichte wird wohl ein andermal erzählt… (scd)

 

Leseprobe »

Mirror's Edge

Le Parkour im Grossstadtdschungel – extrem!

In einer nicht allzu fernen Zukunft ist die totale Überwachung Wirklichkeit geworden. Doch nach wie vor gibt es Leute, die Geheimnisse für sich behalten wollen – und so kommt Faith ins Spiel, eine Traceur-Kurierin für heikle Fracht. Doch in einer Kuriertasche eines Konkurrenten findet die attraktive und top durchtrainierte Asiatin Überwachungsfotos, die sie zwar nichts angehen, die sie aber nicht ignorieren kann – Fotos ihres Vaters!

 

Gute Comic-Adaptionen von Games gibt es nicht gerade wie Sand am Meer. Auch wenn nicht der Überhammer: «Mirror's Edge» (Panini, zirka 29 Franken) von Rhianna Pratchett und Matthew Dow Smith ist eine davon. Grafisch mehr als zufrieden stellend, wartet das Prequel zum EA-Hit auch mit einer Story auf, die durchaus etwas hergibt und flott vorangetrieben wird. Unverständlich hingegen bleibt, weshalb die deutsche Ausgabe erst ein halbes Jahr nach dem Erscheinen des letzten Hefts der Serie in den USA auf den Markt gebracht wird. Das mutet – gerade in Anbetracht des Game-Releases von Ende 2008 – doch etwas anachronistisch an, wird aber durch den Umstand wieder legitimiert, dass sich eine Fortsetzung des Spiels in Produktion befindet. (scd)

 

Leseprobe »

Die Welt von Lucie 1: Warum nicht die Hölle…

Zwei gestrandete Mädchen

Margaret, die bei einem verheerenden Warenhausbrand wie durch ein Wunder total unversehrt geblieben ist und nun in einer Art Wachkoma liegt, wird in einer speziellen Klinik der Regierung untersucht. Auf telepathischem Weg wird versucht, über das Kind Informationen über die Brandstifter zu erhalten. Immer wieder wird die Neunjährige gezwungen, das traumatische Erlebnis, unerklärlicherweise auf Russisch wild herumschreiend, noch einmal zu durchleben. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Margaret und dem Auftauchen eines mysteriösen, nur mit einem weissen Nachthemd bekleideten Mädchens, das bei Strassenkindern Unterschlupf findet? Der Obdachlosen sind Mitglieder einer undurchsichtigen Organisation auf den Fersen – und diese schrecken auch vor Mord nicht zurück. Doch ist Lucie, so ein Aufnäher auf ihrem Kleid, wirklich so wehrlos, wie es scheint?

 

Kris legt mit dem ersten Band von «Die Welt von Lucie» (Splitter, zirka 35 Franken) einen an sich spannenden und vielschichtigen Psi-Thriller vor, der sich leider als etwas langwierige Lektüre entpuppt, der einem etwas sehr lange auf die Probe spannt. Zudem gibt es einige Schwächen bei den Zeichnungen von Guillaume Martinez, was die korrekte Anatomie der Figuren anbelangt, was aber durch das durchdachte Farbkonzept von Nadine Thomas und Kness wieder aufgefangen wird. Im Grossen und Ganzen handelt es um eine durchaus zu empfehlende Miniserie, von der alle jene, die sich für paranormale Phänomene interessieren, sicher gerne auch den zweiten und abschliessenden Band kaufen werden. (scd)

 

Mehr Infos und Leseprobe »

Inspektor Canardo 18: Die Frau ohne Gesicht

Marlowe mit Schnabel zum x-ten

Canardo sagt nicht nein, als ihn die kurvenreiche Prostituierte Galina darum bittet, sie nach einem anstrengenden Arbeitstag in der Horizontale nach Hause zu fahren. Und ausnahmsweise trifft den dauernd schlotenden und saufenden Detektiv-Erpel im zerknitterten Trenchcoat diesmal tatsächlich keine Schuld, als es dabei zu einer massiven Kollision mit einem Sportwagen kommt. Die beiden gerammt Wordenen kommen in einem Luxusspital im Kleinherzogtum Belgamburg wieder zu sich. Beim Unfallverursacher handelt es sich um keinen Geringeren als Kronprinz Norbert von Belgamburg, das schwarze Schaf der versnobten und auf ihre Weise ziemlich degenerierten Adelsfamilie, für die Bigotterie zum Tagesgeschäft gehört. Selbstredend, dass das Geschehene auf keinen Fall publik werden darf.. Doch dass sich der ewiggeile Norbert ausgerechnet in Galina – die eine Schönheitsoperation der besonderen Art erhält – verkuckt hat, vereinfacht die Dinge nicht unbedingt.

 

Sokal ist mit «Die Frau ohne Gesicht» (Schreiber & Leser, zirka 24 Franken) ein ironischer Kommentar zum verkorksten Dynastienleben geglückt. Canardo kommt so kaputt wie eh und je daher – leider spielt der tollpatschige Ermittler mit dem meistens richtigen Gespür fast nur eine Nebenrolle und löst den «Fall» (sofern es überhaupt einen gibt) quasi zufällig. Insgesamt plätschert die Story wie auch schon beim 17. Band entschieden zu sehr dahin und das Konzept (Erwachsenenplot bei Funnygrafik) ist inzwischen viel zu routiniert, als dass an die Sprengkraft der früheren Abenteuer angeschlossen werden könnte. Trotzdem eine kurzweilige Lektüre. (scd)

 

Überblick über die verfügbaren Bände »

Animal’z

Wo Ich war, soll Es bleiben

Endzeit. Ein Kapitän. Eine Frau. Ein Schiff. Ein Hausroboter-Hummer. Ein unendlicher Ozean. Ein Zusammenstoss auf hoher See. Die Anderen beobachten, sich selbst beobachtend. Ein Gewaltakt, ausgeführt von einem einem Delfinleib entsprungenen Aggressor. Reiten auf Zebras im ewigen Eis. Kuschendes Eisbärenrudel. Tod. Und Wiedergeburt. Rasender Stillstand. «Wasserpulver: man braucht bloss Wasser hinzuzugeben, und schon hat man Wasser.»

 

Was darf man von einem Werk wie «Animal’s» (Ehapa, zirka 44 Franken) von Enki Bilal, das mit einem Baudrillard-Zitat beginnt, erwarten? Dass es kaum möglich ist, den an symbolischen Bildern reichen Plot in einer konventionellen Inhaltsangabe wiederzugeben, zeigt sich auf jeden Fall rasch. Wer für Free Jazz und abstrakte Kunst schwärmt, dürfte mit dem – so ist anzunehmen, ohne davor auf die Knie zu fallen – hochphilosophischen, (Grau-)Ton in Ton gehaltenen Comic, bei dem es wie beim gesamten Bilal-Oeuvre um Metamorphosen geh, gewiss sehr glücklich werden. Alle anderen werden sich nach der (relativen) Eingängigkeit und Anschlussbarkeit früherer Publikationen wie etwa der «Alexander Nikopol»-Trilogie sehnen, die zwar ebenfalls hohe Anforderungen an die Leserschaft stellte, aber letztlich doch um einiges weniger verrätselt und entsprechend konsumerabler daherkam. Auf jeden Fall keine leichte Kost. (scd)

 

Überblick über die auf Deutsch erschienenen Bilal-Bände »

Gespräche mit Gott – Ein ungewöhnlicher Dialog

Brennender Dornbusch im Kopf

«Warum gibt es Krankheiten, Krisen, Hungersnöte? Als Neale Donald Walsch seinen Job verliert und ins Bodenlose fällt, meldet sich im Moment größter Verzweiflung Gott zu Wort. Es entfaltet sich ein Gespräch über den Sinn der Existenz, der weltweit einem Millionenpublikum einen neuen Zugang zur Spiritualität eröffnet hat.» (Pressetext)

 

Als mich der J.Kamphausen-Verlag wegen einer Rezension anfragte, sagte ich als offener Geist sofort zu. Zugegebenermassen bringt die Lektüre von «Gespräche mit Gott – Ein ungewöhnlicher Dialog» (zirka 28 Franken) – die Adaption der gleichnamigen 1000-seitigen Bestseller-Trilogie von Neale Donald Walsch – einige Denkanstösse mit sich. Inhaltlich sorgte bei mir jedoch bereits die Voraussetzung, bedingungslos anzuerkennen, dass Gott durch die Feder eines spirituellen Schriftstellers sprechen sollte – sanft und ungeheuerlich dogmatisch zugleich; immerhin keinen Hass predigend – für brutalste Irritation. Da das Medium Comic hier nur als Vehikel gebraucht wird, um ein grösseres Zielpublikum zu erreichen, und der äusserst konventionelle Zeichenstil von Franz-Josef Wiewel in diesem Sinne als funktional zu bezeichnen ist, verzichte ich an dieser Stelle auf eine Bewertung. Neueinsteiger ins Walsch-Universum dürften damit bestimmt glücklich werden. (scd)

Kommentar schreiben

Kommentare: 0