Rückblick

Comic-Check präsentiert: Die besten Comics 2010

Der Jahreswechsel rückt immer näher – Zeit um Bilanz zu ziehen. Comic-Check zeigt eine Auswahl dessen, was das Jahr 2010 an empfehlenswerten Erstpublikationen, Mangas und Neuauflagen zu bieten hat.

Erstpublikationen

Jedes Jahr bringt neue Meisterwerke des Comics mit sich. Und wie so oft bei herausragender Kunst werden dabei die wichtigsten Fragen gestellt. Wie etwa diejenige nach der Existenz Gottes. Diese wird in «Gott höchstselbst» (Reprodukt, zirka 34 Franken) beantwortet. In schwarz-weissen Bildern lässt Marc-Antoine Mathieu Gott auf Erden erscheinen, wo dieser sich Wissenschaftlern und Philosophen stellen muss, kurzfristig zum Medien-Star mutiert und schliesslich zum universellen Sündenbock gemacht wird.

 

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Ebenfalls an die Grundlagen wagt sich «Alpha … Directions» (Carlsen, zirka 84 Franken). Der Deutsche Jens Harder versucht dabei die geschätzten 4,55 Milliarden Jahre seit dem Urknall zwischen zwei Buchdeckel zu bannen. Interessant dabei ist, wie er dabei ökonomisch mit Worten umgeht und die in erdigen Farben gehaltenen Bilder für sich allein sprechen lässt.

 

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Wo andere die Wahrheit in Gott oder der Evolution suchen, versucht «Logicomix» (Atrium, zirka 40 Franken) diese mit einem anderen Mittel zu finden: der Mathematik. Der Einzelband zeigt die bewegte Lebensgeschichte des Philosophen Bertrand Russell (1872–1970), die sich auf mehreren Ebenen abspielt. Dabei werden alle Möglichkeiten des Mediums Comic genutzt, um die leidenschaftliche und zugleich tragische Suche nach Wahrheit im Schatten zweier Weltkriege darzustellen.

 

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Einen anderen Krieg porträtiert Joe Sacco mit seiner Comic-Reportage «Bosnien» (Edition Moderne, zirka 36 Franken). Am Beispiel des bosnischen Orts Gorazde in den Jahren 1992 bis 1995 zeigt er in intensiven schwarz-weissen Bildern anhand eigener Vorort-Recherchen, wie sich ethnische Konflikte anbahnen und schliesslich ausbrechen.

 

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Durch die ungewöhnliche Farbgebung fällt die Serie «König der Fliegen» (Avant, zirka 30 Franken) auf. In expressionistischen Bildern zeigen Mezzo und Pirus das Leben des Teenagers Erik. Dieses besteht neben Medikamentenmissbrauch und sexuellen Eskapaden aus dem trägen Herumhängen in einem Fliegenkostüm. Zum aussergewöhnlichen Leseerlebnis tragen neben dem Artwork auch die nonchalanten Kommentare des Ich-Erzählers bei.

 

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Ernster geht es in «Haarmann» (Carlsen, zirka 32 Franken) zu und her. Autor Peer Meter und Zeichnerin Isabel Kreitz thematisieren die Geschichte des Serienmörders Fritz Haarmann, der im Hannover der 1920er-Jahre mindestens 24 junge Männer umbrachte. Die akribische Recherche zum Fall und die ausgezeichneten realistischen Bleistiftzeichnungen machen den Einzelband zu einem der besten Comics dieses Jahres.

 

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Mangas

Auch Fans des japanischen Comics konnten ihrer Sammlung 2010 mindestens zwei Meisterwerke hinzufügen. «Sun Village» (Schreiber & Leser, zirka 25 Franken) ist eine an Detailreichtum kaum zu überbietende Episodenerzählung über die trügerische Idylle eines malerischen Vorortes.

 

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Bei der neu gestarteten Manga-Serie «Pluto» (Carlsen, zirka 21 Franken) von Naoki Urasawa ist die in ferner Zukunft Realität gewordene friedliche Koexistenz zwischen Menschen und Robotern in Gefahr. Interessant dabei ist die philosophische Annährung an die Frage, wo die Unterschiede zwischen der fortgeschrittenen, künstlichen und der menschlichen Intelligenz liegen.

 

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Neuauflagen

Bei den Re-Issues sorgten heuer vor allem drei Werke für Aufsehen: Bei der von Panini lancierten Werkausgabe von Milo Manara ist dies «Ein indianischer Sommer» (zirka 36 Franken) – eine Kollaboration des italienischen Zeichners mit Hugo Pratt. Das einzigartige Plot um den Zusammenstoss zwischen amerikanischen Ureinwohnern und Siedlern gilt noch immer zu Recht als Spitzen-Comic.

 

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Zudem legte Carlsen dieses Jahr zwei weitere exzellente Comics neu auf. Einerseits das Episoden-Werk über das Leben in New York anfangs des 20. Jahrhunderts von Comic-Legende Will Eisner «Ein Vertrag mit Gott» (zirka 60 Franken) ...

 

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... sowie «Blankets» (zirka 64 Franken), ein 600 Seiten starker grafischer Entwicklungsroman über einen nordamerikanischen Teenagers, der sich von seinem streng religiösem Elternhaus lossagt.

 

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Sasa Rasic, im Dezember 2010

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