Batman: Die besten Storys aller Zeiten

Wer steckt unter der Fledermausmaske?

Kaum einer anderen literarischen Figur haben sich in so kurzer Zeit so viele Künstler und Autoren angenommen und diese nach ihren individuellen Wünschen gestaltet wie im Fall von Bruce Wayne alias Batman. Das Vorhaben des DC-Verlages, die besten Abenteuer im ansprechenden Sammelband «Batman: Die besten Storys aller Zeiten» (Panini, zirka 30 Franken) zu bündeln und die Entwicklung der Figur hinter der Maske zu dokumentieren, weckt hohe Erwartungen.

 

Um gleich zu Beginn ein wenig Wind aus den Flügeln zu nehmen, argumentiert Eisner-Award-Gewinner Daniel Les in einem informativen Vorwort, dass jede Best-of-Auswahl willkürlich und subjektiv ist. Der Vorwurf der Subjektivität wird in diesem Fall jedoch abgeschwächt, da die Qual der Wahl nicht von einer Person, sondern von einer Gruppe von Batman-Experten getroffen wurde. Aus dem Vorwort lässt sich ebenfalls schliessen, dass sich der Superlativ «die besten Storys» nicht auf die Erzählweise, die zeichnerische Umsetzung oder die Publikumsresonanz bezieht, sondern auf diejenigen Storys, die sich mit der geheimen Identität des selbsternannten Rächers auseinander setzen.

 

Wer ist Bruce Wayne?

Der Sammelband beginnt mit «Detective Comic» #33 (1939), in welchem Batmans Hintergrundgeschichte zum ersten Mal erzählt wird. Zwei Jahre später wird ein vorwiegend rachsüchtiger und gewalttätiger Flattermann gezeigt, wobei die Aufnahme dieses Motivs in den Achtzigerjahren in den Comics von Frank Miller («The Dark Knight Returns»), Grant Morrison («Arkham Asylum») und Alan Moore («The Killing Joke») das erfolgreiche Comeback des dunkeln Ritters auslöste. Diese drei Klassiker (siehe auch Schwerpunkt zum Thema), deren Rezeption über die Batman-Fangemeinde hinausgeht und die das heutige Bild des Mitternachtsdetektivs nachhaltig beeinflussen, sind im Band aus Platzgründen nicht enthalten. Die «besten Geschichten aller Zeiten» muss also als die «besten Kurzgeschichten aller Zeiten» gelesen werden.

 

Vor allem Batmans Beziehung zu seinem Sidekick Robin erhält viel Gewicht innerhalb des Bandes. Gleich in drei Geschichten wird das Verhältnis des dynamischen Duos zum Teil explizit reflektiert und auch moralisch hinterfragt. Wie Batman einen durchaus heterogenen Eindruck bei Gotham Citys Jugend hinterlässt, zeigt eine weitere Story, die starke Parallelen zum vierzig Jahre später erschienenen Animationsfilm «Gotham Knight» aufweist.

 

Wer ist Bob Kane?

Was das Zeichnerische angeht, trifft man einen lohnenswerten Überblick über alle Comic-Epochen von 1939 bis 2002 an. Positiv aus dem Rahmen fällt «Der Tod kommt drei Minuten nach Mitternacht» von Denny O’Neil und Marshall Rogers, in welchem der dominante Text nur mit wenigen Panels illustriert wird. Da man auch heute noch spekuliert, wer neben Bob Kane Batman geschaffen hat, gibt der Band einigen Zeichner und Autoren ein Gesicht, die bis in die Sechzigerjahre im Schatten des Labels «Created by Bob Kane» verborgen blieben.

 

Wo ist der Joker?
Der Sammelband wird seinem Vorhaben, die Identität von Bruce Wayne/Batman aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, durchaus gerecht. Offen bleibt einzig die Frage, warum es ausser Catwoman weder der Joker, Two-Face oder Bane als Superbösewichte in die besten Geschichten geschafft haben. Auch der Handlungsstrang mit Batmans Mentor Ra’s al Ghul und der Heirat mit dessen Tochter Talia bleibt unerwähnt. Dies ist einerseits schade, da Batmans Motivation, seine deontologischen Prinzipien und sein Selbstverständnis durch diese Figuren erschüttert, geprägt und verändert werden. Andererseits sind es genau diese Gauner, die das Publikum liebt und mit welchen sich Batman die spannendsten Abenteuer liefert. Dennoch bleibt zu hoffen, dass der (bereits auf Englisch erschienene) Nachfolgeband ebenfalls ins Deutsche übersetzt wird.

 

Sam Camenzind, im Herbst 2009

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