Die Mumins 1

Mumin, Muminmama, Muminpapa

Rares Material wird durch eine Neuveröffentlichung wieder zugänglich. Und zeigt Tove Jansson als Meisterin der sequenziellen Kunst.

Die Mumins-Figuren der finnlandschwedischen Schriftstellerin Tove Jansson (1914-2001) haben es – wohl nicht zuletzt durch die lose darauf basierende Anime-Serie – zu weltweiter Bekanntheit gebracht. Der heutigen Generation jedoch weniger bekannt dürfte der Umstand sein, dass neben den neun Bildbänden auch eine Vielzahl von Comic-Strips mit den Abenteuern rund um die liebenswerten nilpferdähnlichen Trollwesen existiert.

 

Diese sind zwischen 1954 und 1957 täglich in Drei-Panel-Portionen in der englischen Zeitung «Evening News» erschienen. Dem stetigen Publikationsdruck nicht mehr gewachsen, hatte die Universalkünstlerin die Gestaltung des Comics schliesslich in die Hände ihres Bruders Lars gegeben, der die Serie noch bis ins Jahr 1975 weiterführte. Auch im deutschsprachigen Raum hatten die Strips danach in Tageszeitungen, Jugendzeitschriften und Illustrierten Publikation gefunden.

Hedonismus und Lebensbejahung
Der deutsche Reprodukt-Verlag hat sich nun einer Gesamtausgabe der Mumin-Comics verschrieben, deren erster Band – grossformatig und buchbindnerisch liebevoll gestaltet – jetzt vorliegt (zirka 36 Franken). Mit vier Geschichtszyklen ist dieser wunderbar geeignet, einerseits um nostalgisches Feuer bei Liebhabern zu entfachen, andererseits aber auch um Neulinge in den Mumin-Kosmos einzuführen. Die Leserschaft taucht schnell ein in eine Welt, in welcher der unbekümmerte Hedonismus der Hauptakteure trotz aller Widrigkeiten ihrer Umwelt anhält und das lebensbejahende Element nie verschwindet.

 

Sukzessive wird klar, weshalb das Mumins-Werk von Tove Jansson, die auch Romane für ein Erwachsenenpublikum schrieb, keineswegs Kinderkram ist. Die mit einfachem Tuschestrich gezeichneten Storys mögen auf den ersten Blick naiv anmuten – bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass diese durchaus aktive Verbindungen zu einer sehr realen, nicht immer rosigen Wirklichkeit aufweisen.

Liberalismus und Nächstenliebe
Mit dem Schaffen des Mumins-Universum mag Jansson durchaus eine Art Eskapismus betrieben haben, trotzdem hat sie nicht einfach eine rosa Brille aufgesetzt. So eröffnet sich bei entsprechender Lesart eine explizit politische Dimension. Sichtbar wird «auf der Suche nach Menschlichkeit» (Adorno) die Skizzierung einer Art Utopia, eines von Pluralismus, liberalem Denken, Nächstenliebe, aber auch von allerlei menschlichen Fehlern geprägten Christianopolis, dessen Bestand und Weiterführung gleichzeitig auch unendlich fragil ist. Zu guter Letzt bleibt nur zu hoffen, dass sich das verlegerische Risiko dieser auf fünf Bände angelegten Gesamtausgabe bezahlt machen möge. Band 2 ist auf den Juni 2009 geplant.

 

Dave Schläpfer, im Dezember 2008

 

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