Thorgal

Weltraum-Wikinger leidet unter Intrigen

Der hohe Norden im 7. Jahrhundert: Die Wikinger machen das Gebiet unsicher und plündern bei ihren Nachbarvölkern. Doch nach einem missglückten Raubzug gerät ein Wikingerboot in Seenot – die Mannschaft wird nur dank einem mysteriösen Licht gerettet. Dieses stellt sich als Teil einer Weltraumkapsel heraus, in der sich ein Säugling befindet. Die Skandinavier nehmen das Geschehen als Zeichen des Himmels an, adoptieren das Kind und geben ihm den von ihrer Götterwelt inspirierten Namen Thorgal Ägirsson.

Gegen Götter und Wikinger

So fängt – chronologisch gesehen, der Leser erfährt erst nach und nach davon – die Saga «Thorgal» um den Helden Thorgal an (Splitter, zirka 22 bis 25 Franken bzw. 14 bis 16 Euro je Band). Dieser beginnt sich bereits als Kind durch die nordische Sagenwelt voller hilfsbereiter Zwerge, hungriger Riesen und gefährlicher Riesenschlangen zu kämpfen. Doch unter den rauen Wikingern wird Thorgal nicht glücklich. Die Nordmänner lassen ihn spüren, dass er nicht zu ihnen gehört. Thorgal beschliesst, mit seiner Liebsten Aarica nach einem neuen Platz zum Leben zu suchen. Doch überall scheinen sich die Götter gegen ihn verschworen zu haben, und die Intrigen seiner Mitmenschen zwingen ihn zu unglaublichen Abenteuern, die ihn sogar bis in die Unterwelt führen.

 

«Thorgal» gilt als einer der populärsten französischsprachigen Comics. Das Projekt des polnischen Zeichners Grzegorz Rosinski und des belgischen Autors Jean Van Hamme, der auch für seinen Agentencomic «XIII» bekannt ist, läuft bereits seit Anfang der 1980er-Jahre. Mittlerweile hat sich Van Hamme aus der Serie ausgeklinkt. Analog dazu wurde beschlossen, auch Änderungen an der Serie vorzunehmen. So richtet der neue Autor, der Belgier Yves Sente, in seinen Geschichten den Erzählfokus auf die Abenteuer von Thorgals jugendlichem Sohn Jolan. Zudem wird ein Spin-off-Zyklus lanciert, der die Herkunft und Schicksale wichtiger Nebenfiguren abseits der Haupthandlungen aufzeigt. Dieser ist auf sieben Bände ausgelegt und wird von Sente und dem Zeichner Giulio De Vita produziert. Nach mehreren Jahren, in denen die meisten Bände der Serie nicht mehr regulär erhältlich waren, bringt der auf Fantasy-Comics spezialisierte Splitter-Verlag «Thorgal» wieder komplett auf den Markt – und dies gleich dreifach: Statt die Serie nur mit dem neusten Band 32 weiterzuführen, wird zugleich noch einmal mit Band 1 (mit umfangreichem Bonusmaterial) gestartet und die erwähnte Spin-off-Serie lanciert.

Nordische Tragödie

Neuen Lesern wird die Ästhetik von «Thorgal» auf den ersten Blick ungewohnt vorkommen. Die in realistischem Stil gehaltenen, extrem detaillierten Zeichnungen der jüngeren Bände steht in krassem Kontrast zur für heutige Verhältnisse ungewohnt grellen, fast cartoonhaften Farbgebung und den stilisierten Figuren der Anfänge (siehe die Panelfolge links aus dem ersten Band). So oder so liegt die Stärke der Serie ohnehin eher im Plot, welcher mit den stetigen Bemühungen Thorgals um ein ruhiges Leben sowie seinem Willen, sich gegen die Götter zu erheben, Ausmasse einer griechischen Tragödie annimmt. Dieser unendliche Kampf ist es, was dieses Werk so lesenswert macht.

Sasa Rasic, im Juli 2011

(zuerst erschienen in der «Neue Luzerner Zeitung»)

 

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